Mittwoch, 29. Oktober 2025

Rezension: „Letzter Tanz auf Sankt Pauli“ von Claudius Crönert

Quelle: Gmeiner
„Letzter Tanz auf Sankt Pauli“ ist ein historischer Krimi von Claudius Crönert, in dem um einen Mordfall geht, in den anscheinend die SS verwickelt ist. Erschienen ist der Roman im Juli 2021 bei Gmeiner. 

Hamburg, 1941: In der Nähe der Sankt Pauli-Brennerei wird ein Toter gefunden. Kriminalkommissar Krell soll ermitteln. Als klar wird, dass die SS in den Mord involviert ist, bekommt er die Anweisung seine Ermittlungen einzustellen. Doch mittlerweile lässt ihm der Fall keine Ruhe mehr. Als kurze Zeit später seine Tochter bei einem Swing-Abend gesichtet wird, muss er sich entscheiden. Diese hatte die Musik erst vor kurzem für sich entdeckt als ein neuer Mitschüler in ihre Klasse kam. Ist Hannes Krell seine Familie oder seine Integrität wichtiger? 

Ein Krimi, der mich neugierig gemacht hat, weil er während des zweiten Weltkrieges und in Hamburg spielt. Ich wohne in der Nähe und die bekannten Orte haben dafür gesorgt, dass ich mich direkt etwas verbundener mit dem Buch gefühlt habe. 
Der Einstieg in diesen Krimi ist gut gelungen. Der Leichenfund in der Nacht gibt dem Buch ein düstere Atmosphäre, bevor ich dann in den darauffolgenden Kapiteln Hannes Krell und seine Tochter sowie die Schule besser kennengelernt habe. Ich konnte mir vieles gut vorstellen und war schnell in der Geschichte drin. 
Die Handlung ist zweigeteilt, findet im Verlauf aber immer mehr zueinander. Ich fand es faszinierend diese Zeit aus der Sicht eines deutschen Kriminalkommissars und seiner Familie kennenzulernen. Es sind sehr viele Informationen über St. Pauli und die Reeperbahn und das Umland eingeflossen. Ich habe viel über die Zustände in den Behörden erfahren oder die Propaganda, denen Schüler*innen ausgesetzt waren. Teilweise lief es mir bei den Begrüßungsformeln oder den Beschreibungen eines BDM-Nachmittags eiskalt den Rücken runter. Es wird aber auch beschrieben, was trotz all der Indoktrination und Verbote teilweise trotzdem noch möglich war. 

Mittwoch, 22. Oktober 2025

Rezension: „Cirle of Days“ von Ken Follett

Quelle: Quercus
„Circle of Days“ ist der neue Roman von Ken Follett, in dem es um das Leben vor 4500 Jahren und den Bau von Stonehenge geht. Erschienen ist der Roman im September 2025 bei Quercus. Auf deutsch ist der Roman bei Bastei Lübbe unter dem Titel „Stonehenge - Die Kathedrale der Zeit“. 

Große Ebene 2500 v. Chr.: Viehhirten, Ackerbauern und Waldbewohner bewohnen die Große Ebene. Die Sommersonnenwende zeigt den Beginn eines neuen Jahres an, an dem alle zusammen kommen. Auch der junge Seft, ein Feuersteinhauer, ist auf dem Weg zum Monument und dem Ritual. Er hat sich in Neen, eine junge Frau im Dorf der Hirten verliebt und außerdem möchte er Handel mit seinen Steinen treiben. Neens Familie nimmt Seft in ihrer Mitte auf und bewahrt ihn so vor der Rückkehr zu seinem brutalen Vater und seinen Brüdern. 
Joia ist Neens Schwester. Ihre Klugheit ebnet ihr einen Weg zu den Priesterinnen, die sich um das Monument und seine Rituale kümmert. Sie hat eine Vision: Das Monument soll aus Steinen neu erbaut werden. Doch nicht jeder ist von dieser Idee begeistert und so kommt es zu Spannungen, die ,verstärkt durch eine langanhaltende Dürre, zu eskalieren drohen. 

Ken Follett ist ein Autor, den ich schon seit meiner Schulzeit lese und den ich gerne empfehle, wenn man anfangen möchte, Bücher auf englisch zu lesen. Der Autor benutzt eine einfache und klare Sprache, die seine Romane zugänglich für jeden machen und das ist auch diesmal wieder der Fall. 
Obwohl die Geschichte vor 4500 Jahren spielt, bin ich wunderbar in diese Geschichte reingekommen. Die Sommersonnenwende, die alle Menschen der Großen Ebene zusammenbringt, ist ein guter Ausgangspunkt. Für mich eine eher ungewöhnliche Zeit und so habe ich alle Informationen aufgesogen. 
Und Informationen gibt es viele in diesem Buch. Gerade zu Beginn, wenn man die Welt der Jungsteinzeit kennenlernt, liest es sich fast wie ein Sachbuch in Romanform. Es gibt drei große Gruppen, die die große Ebene bewohnen und jede dieser Gruppen hat ihre eigenen Regeln und Formen des Zusammenlebens. Dieses Buch ist dadurch sehr divers. Sex vor der Ehe, Swingerparties zu Mittsommer, gleichgeschlechtliche Liebe, aber auch das patriachale Modell, in dem die Frau dem Mann gehört, sind hier vertreten. Es gibt Gemeinschaften, die sesshaft sind oder nomadisch leben, die viel arbeiten oder wenig, die freigiebig teilen oder misstrauisch gegenüber Fremden sind. Ich war erstaunt darüber, wie viel Wissen auch vor so langer Zeit schon vorhanden war. 

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Rezension: „Stille Nacht“ von Titus Müller

„Stille Nacht“ von Titus Müller
Quelle: Heyne
„Stille Nacht“ von Titus Müller ist eine Erzählung rund um die Entstehungsgeschichte des Weihnachtsliedes „Stille Nacht, Heilige Nacht“. Eine Neuausgabe ist im September 2025 bei Heyne erschienen. 

Eines der berühmtesten und erfolgreichsten Weihnachtslieder wurde an Heiligabend 1818 zum ersten Mal gespielt. Titus Müller erzählt in diesem knapp 160 Seiten langen Buch von der Entstehungsgeschichte dieses Liedes und dem Leben rund um Salzburg und Österreichisch Laufen. 

Die schöne Aufmachung dieses Buches hat mich sehr angesprochen und ich war neugierig darauf, welche Geschichte der Autor zu diesem Lied erzählen wird. Ich habe tatsächlich sogar mein Gesangbuch aus meiner Konfirmandenzeit herausgesucht, um zu schauen, ob auch dort die Namen Joseph Mohr sowie Franz Xaver Gruber auftauchen. 
Die Geschichte fängt mit der Suche Joseph Mohrs nach seinem Großvater an. Ich bin gut reingekommen und die Landschaft mit den Bergen im Hintergrund sowie der eher schwer zugängliche Großvater haben mich ein bisschen an Heidi erinnert. 
Ich habe Joseph Mohr begleitet auf der Suche seiner Vergangenheit, seinem Ankommen in einer neuer Gemeinde und bei der Entstehung dieses weltberühmten Weihnachtsliedes. Dabei war ich tatsächlich überrascht wie viel auch vom täglichen Leben dieser Zeit geschildert wurde und zwar nicht aus der Sicht der Mächtigen dieses Landes, sondern aus der Sicht des einfachen Volkes. 

Mittwoch, 1. Oktober 2025

Rezension: „Meine Familie, die AfD und ich“ von Leonie Plaar

„Meine Familie, die AfD und ich“ von Leonie Plaar
Quelle: Goldmann
In „Meine Familie, die AfD und ich - Wie Rechtsextremismus uns entzweit - und wie wir dagegenhalten“ erzählt Leonie Plaar von der Entfremdung von ihrer Familie und gibt Tipps, wie wir besser mit dem Thema und Diskussionen umgehen können. Erschienen ist das Sachbuch im September 2025 bei Goldmann.

Leonie ist queer, politische Aktivsitin, Historikerin - und Tochter eines AfD-Mitglieds. Tatsächlich wählen fast alle ihre nahen Verwandten die Alternative für Deutschland. Bis sie die Reißleine zog und den Kontakt abbrach, hat sie deren Radikalisierungsprozess also hautnah miterlebt. Sie hatte einen Platz in der ersten Reihe bei Gesprächen zwischen AfDler*innen, die dachten, sie wären unter sich. Über Jahre hat sie zugehört, analysiert, mitdiskutiert. Vor allem aber muss sie erleben, wie es sich anfühlt, wenn der eigene Vater Teil einer Bewegung wird, die sich gegen alle Werte richtet, die Leonie verkörpert. 

In diesem Falle habe ich den Klappentext übernommen, weil der dieses Buch wirklich gut beschreibt. Der Einstieg in die Sachbuchbestenliste auf Platz 9 zeigt, dass dieses Thema aktuell und relevant ist und viele Menschen in diesem Land umtreibt. Ich habe einige ihrer Aufklärungsvideos gesehen und fand diese gut gemacht und so war ich neugierig auf ihre persönliche Geschichte. 
Leonie Plaar erzählt ihre persönliche Geschichte und erzählt von den Diskussionen zu vielen unterschiedlichen Themen, wie z.B. Meinungsfreiheit, Rassismus, Queerfeindlichkeit, Rechtsextremismus. Sie verbindet das Persönliche mit den dazugehörigen Fakten und zeigt ihre Erfahrungen und welche Strategien erfolgreicher waren und welche nicht. 

Mittwoch, 24. September 2025

Rezension: „Tankred - Hammer und Kreuz“ von Michael Römling

„Tankred - Hammer und Kreuz“ von Michael Römling
Quelle: Rowohlt
„Tankred - Hammer und Kreuz“ von Michael Römling ist der zweite historische Abenteuerroman aus der „Tankred“-Reihe. Es geht um den ehemaligen Bibliothekar und Mönch Tankred, der um sein Erbe kämpft und dabei in den Dunstkreis der Mächtigen gerät und gegen die Dänen kämpft. Erschienen ist das Buch im Februar 2023 bei Rowohlt. 

Juli 882: Tankred ist weiterhin dazu entschlossen, um sein Erbe zu kämpfen und seine Stiefmutter samt Halbbruder zu Fall zu bringen. Hierfür benötigt er mächtige Verbündete, die im Gegenzug auch etwas von ihm verlangen: Im Namen des Kaisers beteiligt er sich Kampfzug gegen die Dänen, die sich in Asselt verschanzt haben. Mit klugen Ideen wird Tankred bald zu einer wichtigen Größe, was nicht jedem gefällt. Als es zu Kampfhandlungen kommt, sieht er sich nicht nur durch alte Widersacher auf dänischer Seite bedroht, sondern auch durch Intrigen aus dem eigenen Lager bedroht. 

Und nun habe ich mich tatsächlich doch dazu entschieden, einen weiteren Band dieser Reihe zu lesen und mit den klareren Vorstellungen, was mir diese Reihe zu bieten hat, würde ich sagen, bin ich diesmal sogar besser reingekommen als beim letzten Mal. 
Es gibt viele Parallelen zum ersten Band, wie z.B. die Ich-Perspektive und der relativ kurze Zeitraum, in dem das Buch spielt. Auch diesmal hatte ich nicht das Gefühl, dass mir irgendein Teil der Geschichte fehlt und Tankreds Perspektive ausreichend ist, um die Geschichte zu erzählen. Ich konnte mir alles gut vorstellen und bin den Ereignissen gerne gefolgt. 
Es war interessant für mich, dieses Buch direkt nach einem dicken Historienschmöker zu lesen, der sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt. Hier wird ein Ereignis aus der Geschichte herausgenommen und mit der fiktiven Geschichte rund um Tankred verwoben. Diese Erzählweise erlaubt einen viel detaillierteren Blick beispielsweise auf eine Belagerung und man bekommt einen ganz anderen Bezug zum Zeitraum, in dem sich alles ereignet. So konnte Tankred hier auch mal für Tage wegreiten, um andere Angelegenheiten zu klären. 

Mittwoch, 17. September 2025

Rezension: „Rabenthron“ von Rebecca Gablé

„Rabenthron“ von Rebecca Gablé
Quelle: Lübbe
Mit „Rabenthron“ von Rebecca Gablé geht es zurück zur Familie Helmsby, deren Geschichte, ähnlich wie die der Waringhams, mit dem englischen Königshaus verbunden ist. Erschienen ist der historische Roman im August 2025 bei Lübbe. 

England, 1013: England liegt in Trümmern und hat immer wieder mit Wikingerüberfällen zu kämpfen, gegen die sich der schwache König Ethelred kaum wehren kann. Dennoch entschließt sich der junge Ælfric of Helmsby seinen dänischen Gefangenen Hakon nach London zu bringen und wird so Teil des Haushaltes der Königin und ihrer Söhne. Königin Emma ist eine machtbewusste Frau, die sich in der Welt der Männer zu behaupten weiß und auch die Beziehung von Hakon und Ælfric entwickelt sich anders als erwartet. Aus vermeintlichen Feinden werden Freunde, die sich im Auf und Ab um die englische Krone auch mal auf gegensätzlichen Seiten wiederfinden. 

Wenn Rebecca Gablé auf dem Cover drauf steht, bin ich nicht weit und darüber hinaus ging es auch noch nach Helmsby. „Hiobs Brüder“ gehört zu meinen Lieblingsbüchern dieser Autorin. 
Ich bin sehr gut ins Buch reingekommen. Ich mag den Schreibstil sehr gerne und habe Kopfkino beim Lesen. Es fühlt sich immer ein wenig wie nach Hause kommen an, gerade dann, wenn z.B. bestimmte Redewendungen vorkommen. Dieses Buch spielt vor den anderen beiden Helmsby Büchern und es war schön, die Geschichte hinter der ein oder anderen Anekdote aus den anderen beiden Büchern kennenzulernen. 
Der Spannungsbogen ist recht gleichbleibend, aber natürlich gibt es immer wieder spannende Entwicklungen. Es wird in diesem Buch ein Zeitraum von knapp 30 Jahren abgedeckt, der einige Machtwechsel zu bieten hat. Dies wird bereits im Personenverzeichnis angedeutet. Diesmal haben mir die Zeitsprünge tatsächlich ein bisschen Probleme bereitet, denn 9 Jahre verändern wirklich sehr viel und da musste ich mich erstmal neu orientieren. 

Mittwoch, 10. September 2025

Rezension: „Mein Name ist Lilith“ von Nikki Marmery

Mein Name ist Lilith von Nikki Marmery
Quelle: Fischer
„Mein Name ist Lilith“ von Nikki Marmery ist eine Neuerzählung des christlichen Mythos rund um Lilith, der ersten Frau noch vor Eva. Erschienen ist der Roman im Februar 2024 bei Fischer. 

Im Paradies, am Anfang der Zeit, beginnt die große Lüge: Frauen sind Männern untergeordnet. Lilith und Adam leben gemeinsam im Garten Eden. Als Adam verlangt, dass Lilith als seine Frau seinem Willen gehorchen soll, weigert sie sich - und wird aus dem Paradies vertrieben. Zornig sieht Lilith, wie Gott Eva erschafft, die Frau, die nur Unterordnung kennt. Denn Lilith erinnert sich noch an Asherah, die einst mächtige Ur-Göttin. Doch sie ist verschwunden. Zusammen mit dem Erzengel Samuel bricht Lilith auf, die Göttin zu finden und die Frauen aus der Unsichtbarkeit zurück ins Licht der wahren Geschichte zu führen. 

Dieses Buch habe ich beim Stöbern entdeckt und es hat mich neugierig gemacht, wie Lilith die Ereignisse möglicherweise erzählen würde. Ich bin gut ins Buch reingekommen und konnte mir die Ereignisse gut vorstellen. Da sich das Buch sehr an wichtigen Ereignissen aus der Bibel orientiert, gibt es im Buch einiges an Bibelsprache. Das hat das Lesen für mich teilweise etwas eintönig und die Geschichte langatmig gemacht. 
Das Buch ist in unterschiedliche Abschnitte unterteilt, die wichtige Ereignisse der Bibel aufgreifen, wie z.B. die Schöpfungsgeschichte rund um Adam und Eva oder auch Noah und seine Arche. Ich habe viel wiedererkannt, Liliths Sichtweise gibt diesen Geschichten allerdings immer einen interessanten Twist, den ich durchaus als glaubhaft empfand. Allerdings kommen Männer hier meist sehr schlecht und einfältig weg, was ich etwas einseitig empfand. Dennoch denke ich, dass in diesem Roman auch bewusst übertrieben wurde.