Samstag, 8. Januar 2022

Rezension: „Gold und Ehre“ von Sabine Weiß

Quelle: Lübbe
Sabine Weiß hat mit „Gold und Ehre“ den zweiten Band veröffentlicht, der in und um Amsterdam spielt. Mit Hamburg und seinem Michel ist allerdings ein weiterer Ort mit in den Fokus gerückt. Die Geschichte der Architektenfamilie Aard wird im 17. Jahrhundert weitererzählt. Erschienen ist der Roman im November 2021 bei Lübbe. 

Amsterdam, 1650: Der junge Benjamin Aard liebt die Architektur, aber auch die Wissenschaften reizen ihn sehr. Nachdem eines seiner Experimente außer Kontrolle gerät, wird er von seinem Vater nach Hamburg geschickt. Dort soll er sich beweisen und erwachsen werden. Nach einigen Rückschlägen lernt er schließlich Menschen kennen, auf die er sich verlassen kann. Unter ihnen ist die junge Lucia, die in ärmlichen Verhältnissen lebt und ihre kranke Mutter pflegt. Um sich über Wasser zu halten, muss sie auch zu Mitteln greifen, die nicht in Ordnung sind, dennoch entsteht eine zarte Liebe zwischen ihr und Benjamin, die auf eine harte Probe gestellt wird, als dieser wieder zurück nach Amsterdam gerufen wird. 

Zumindest die historischen Romane der Autorin sind bei mir immer gesetzt, erst recht, wenn eine Stadt wie Hamburg einer der zentralen Handlungsorte ist. Ich lebe in der Nähe dieser wunderbaren Stadt und bin immer begierig darauf etwas über die Vergangenheit von Orten zu lernen, in denen ich häufiger verweile. 
Zunächst werden wir allerdings wieder nach Amsterdam entführt, denn dort beginnt die Geschichte und Sabine Weiß versteht es direkt wieder Bilder vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Die Beschreibungen von Orten faszinieren mich jedes Mal wieder aufs Neue und oftmals habe ich direkt Lust, die Orte zu besuchen, wenn es sie denn heute noch gibt. Sowohl Amsterdam als auch Hamburg wurden wunderbar eingefangen. Mit Nieuw Amsterdam, dem heutigen New York, haben wir allerdings noch einen interessanten, wenn im Umfang auch kleineren, Schauplatz. 
Die Themenvielfalt dieses Romanes ist enorm. Es geht natürlich wieder um Architektur. Der Bau des kleinen Michel spielt eine große Rolle, aber auch Bauten in und um Amsterdam. Die Wissenschaft gewinnt an Bedeutung, die Niederlande sind eine wichtige Größe auf den Weltmeeren, es geht um Seeschlachten, Kolonien und Sklavenhandel, die politische Lage jener Zeit ist sehr angespannt, der Adel ist im Niedergang begriffen, Werte wie Freiheit gewinnen an Bedeutung, aber der Weg dorthin ist auch von Rückschlägen geprägt. Für mich war das eine sehr spannende Mischung und ich verstehe das manche Themen nur angerissen werden konnten, dennoch hat mir der Gesamtüberblick, den das Buch gibt, sehr gut gefallen. 
Mit den Personen im Roman habe ich mitgefiebert, auch wenn es keine Person gab, die mich so richtig für sich einnehmen konnte. Benjamins Entwicklung hat mir gefallen, ich fand es schön, dass er Fehler machen durfte und aus diesen lernen konnte, obwohl es mir manchmal fast ein bisschen zu einfach ging. Die Liebesgeschichte zu Lucia kam nicht so wirklich bei mir an, insgesamt spielt diese im Gefüge des Romanes keine so große Rolle, was mir wiederum gut gefällt. Ich mochte Lucia und ihre Wissbegierde, insgesamt betrachtet war sie für mich etwas zu blass. Theos Geschichte mit der Seefahrt hat mir gut gefallen. Mit ihm hat man die Weltmeere bereist und interessante Orte kennengelernt. Ich verstehe, warum Sabine Weiß einen bestimmten Weg nicht gegangen ist, hätte es mir allerdings dennoch insgeheim gewünscht. So kennen wir nur die Folgen, wenn man erwischt wird. Insgesamt hat mir der Personenmix sehr gut gefallen, da dieser die Vielfalt der Themen unterstützt hat und man sich so in verschiedene Sichtweisen versetzen konnte. 
Der Spannungsbogen war insgesamt gut gewählt, allerdings ging es für mein persönliches Empfinden am Anfang ein bisschen zu langsam und am Ende deutlich zu schnell. Gerade zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und es fiel mir schwer noch richtig zu folgen. So manche Entwicklung war mir fast ein wenig zu leicht. Hier ist es glaube ich recht schwer die richtige Balance zu finden, ohne dass es am Ende dann doch zu dramatisch wirkt, manchmal hätte ich es mir dennoch etwas dramatischer gewünscht. 
Das Nachwort der Autorin gibt nochmal einen guten Überblick über den gesamten Roman, seine Themenvielfalt und was das für eine wahnsinnige Recherche bedeutet haben muss. Wer sich weiter informieren will, findet im Nachwort schon einige Lesetipps, kann aber auch auf der Homepage der Autorin noch einiges zu den Hintergründen des Romanes erfahren. Ich werde dort mit Sicherheit vorbeischauen. Ich bin ein Fan von Nachworten. Für mich rückt das die Arbeit, die in so einem Roman steckt, nochmal in den Fokus und steigert meine Wertschätzung dafür. 

Fazit: Ein toller Roman über Hamburg und Amsterdam im 17. Jahrhundert, der die wichtigen Ereignisse und Veränderungen wunderbar einfängt und mit einer großen Themenvielfalt aufwartet. Wer historische Romane mit tollen Ortsbeschreibungen liebt und es mag, wenn statt des Adels, Bürger, Kaufleute und Architekten in den Mittelpunkt rücken, ist hier genau richtig. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für diesen Roman, auch wenn der letzte kleine Funke zur totalen Begeisterung gefehlt hat.

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Titel: Gold und Ehre
Verlag: Lübbe
Autor: Sabine Weiß
Erscheinungsdatum: 26.11.2021
ISBN: 978-3-404-18483-5 
 
Vielen Dank an den Verlag und netgalley für das Rezensionsexemplar.

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