Quelle: Pan Macmillan |
England, 997: Das Leben Edgars soll sich an diesem Morgen dramatisch ändern. Hat er kurz zuvor noch die Flucht mit seiner heimlichen Liebe geplant, wird er nun überrascht vom Angriff der Wikinger und der vollkommenen Zerstörung seiner Heimatstadt. Die Familie verliert alles und beginnt ein neues Leben auf einer heruntergewirtschafteten Farm in Dreng‘s Ferry. Diese gehört zum Herrschaftsgebiet von Shiring, in dem eine illustre Familie an der Macht ist. Besonders Bischof Wynstan dürstet es nach unbegrenzter Macht und er ist bereit dafür alles zu tun.
Bruder Aldred träumt davon seine Abtei in einen Ort des Wissens und des Lernens zu verwandeln. Auf der Suche nach neuen Büchern reist er sogar bis in die Normandie, wo er die Tochter Graf Huberts kennenlernt, die ihn mit ihrer Intelligenz beeindruckt. Ihre Wege sollen sich wieder kreuzen als Ragna als Braut Wighelms von Shiring nach Shiring kommt.
Wo Ken Follett drauf steht, ist auch Ken Follett drin. „The Evening and the Morning“ ist ein sehr typischer Follett-Roman. Man weiß ganz genau, wer die Guten und die Bösen sind, man ahnt schon wer zusammen kommen wird und auch das Ende ist kein großes Geheimnis. Man könnte meinen, dass es dadurch langweilig wird, aber das empfand ich nicht so. Es ist manchmal auch ganz schön genau zu wissen, worauf man sich einlässt und ich liebe Ken Follett einfach.
Der Schreibstil zieht einen schnell in die Geschichte rein und ich mag es, dass der Wortschatz eher einfach gehalten ist. Einfach ist hier nicht gleichzusetzen mit schlecht. Manche mögen das so empfinden, aber für mich macht es Ken Follett zum perfekten Autor, um ein Buch mal im Original zu lesen. Ich mag den klaren Erzählstil und höre beim Lesen mittlerweile seine Stimme in meinem Kopf.
Der Spannungsbogen ist klar aufgebaut und steigert sich mit Fortschreiten des Buches. Diesmal muss ich sagen, hat er es auf den letzten 20% leider übertrieben. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass es mir bei „Die Säulen der Erde“ mittlerweile ähnlich ergehen würde. Die ersten 80% war das Buch für mich ein echter Wohlfühlroman. Man hat neue Informationen über die Zeit mitgenommen, man hat das Leben um die Jahrtausendwende und die Personen kennengelernt. Man hat an deren Leben teilgenommen und mitgefiebert. Wenn auch vorhersebar, war für mich bis dahin alles gut, aber dann finde ich, wurde es ein bisschen zu grausam, die Handlungen mancher Personen wurden für mich nicht mehr nachvollziehbar und manchen habe ich das Happy End so nicht gegönnt. Was sehr schade ist, denn ich wollte dieses Buch einfach nur von ganzem Herzen lieben.
Ich möchte allerdings nicht ausschließen, dass dies nicht genauso gewollt ist vom Autor. Ken Follett hat ein sehr klares Konzept für seine Romane, was er auch offen kommuniziert. Alle paar Seiten muss es eine Wendung geben, er möchte die Masse mit seinen Romanen erreichen und er mag es, dass die Personen eindeutig Gut oder Böse zugeteilt werden können, aber genauso war es sicher Kalkül, dass man über das Ende und die Ereignisse geteilter Meinung sein kann und so Diskussionen entstehen.
Das klingt jetzt fast schon ein wenig zu negativ, denn ich habe das Buch ja wie immer über weite Strecken genossen. Ich habe es genossen endlich mal wieder in einer anderen Zeit als dem 19. und 20. Jahrhundert unterwegs zu sein. Ich habe viel über das Leben zu jener Zeit gelernt, über die Unterschiede zwischen Normannen und Angelsachen, über das Rechtssystem und dass das Christentum zwar schon verbreitet war, aber sich noch nicht so streng an die Regeln gehalten wurde. Es gab für mich einige skurile neue Informationen zu entdecken und ich bin mir sicher, Ken Follett hat wieder super recherchiert. Immerhin hat er hierfür ein ganzes Team verfügbar.
Mit den Personen im Roman habe ich mitgefiebert, wenn auch nicht ganz so intensiv wie erhofft. Ragna hat mich beeindruckt mit ihrem Gespür für die Menschen. Sie weiß wie man Menschen für sich gewinnt, sie kann regieren und strategisch denken, ist intelligent und auch von Hindernissen lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Manchmal wirkte sie auf mich fast schon ein bisschen zu berechnend und von der Liebe hat sie eine sehr idealistische Vorstellung.
Edgar war so gut, dass es fast schon ein wenig weh getan hat. Er glaubt an die eine große Liebe und ist ein sehr treuer Mensch. Wenn es darum geht, etwas zu bauen, macht ihm keiner was vor. Er beobachtet und kann seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen und versucht es dann einfach selber und oftmals klappt das erstaunlich gut.
Aldred mochte ich sehr aufgrund seiner Wissbegierde und seiner Rechtschaffenheit. Ich war beeindruckt, wie hartnäckig er für seine Träume kämpft und wie er sich auch von Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen lässt.
„The Evening and the Morning“ ist ein Roman, der nicht die geschichtlichen Ereignisse in den Vordergrund rückt, sondern der eine fiktive Geschichte vor historischem Hintergrund erzählt. Nur ab und zu hören wir von wichtigen historischen Ereignissen. Es gibt daher in diesem Roman kein wirkliches Nachwort, sondern nur eine kleine Danksagung. Auch ein Personenverzeichnis vermisst man in diesem Roman. Die Personenanzahl ist allerdings übersichtlich und man droht nicht durcheinander zu kommen.
Fazit: Ein historischer Roman in typischer Follett-Manier, der über weite Strecken zu überzeugen weiß. Gut recherchiert mit tollen Figuren, die zwar eindeutig in Gut und Böse unterteilt werden können, aber einen dennoch für sich einnehmen können. Historische Ereignisse spielen weniger eine Rolle, sondern das Leben um die Jahrtausendwende steht im Vordergrund.
Weitere Meinungen zum Buch findet ihr hier:
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Verlag: Pan Macmillan
Autor: Ken Follett
Reihe: Kingsbridge Prequel
Erscheinungsdatum: 15.09.2020
ISBN: 978-1-447-27878-8
Vielen Dank auch an Netgalley UK und den Verlag für das Rezensionsexemplar.
Hi!
AntwortenLöschenMittlerweile ist das Buch ja auch auf meinem E-Reader eingezogen, ich bin aber noch nicht sehr weit, weil ich jetzt erst einmal die Hexer-Reihe endlich beenden will ... Ich bin ja schon gespannt, wie ich das Buch empfinden werde, schätze, meine Rezi wird aber erst im Oktober erscheinen, vorher reicht die Zeit nicht mehr.
Ich bin ja auch immer noch am Rätseln, ob mir das deutsche oder das englische Cover besser gefällt. Ich bin ehrlich gestanden von dem Schwarz im Deutschen nicht so begeistert, das Muster darauf ist mir erst beim zweiten Blick überhaupt aufgefallen, da sieht das englische Cover im Vergleich deutlich lebendiger aus, auch wenn mir das Türkis auch nicht so ganz zusagt :D. Was ist denn dein persönlicher Favorit?
Liebe Grüße
Ascari
Hey Ascari,
LöschenDas deutsche Buch ohne den Schutzumschlag gefällt mir am Besten. Den Gold eingeprägten Kopf mit dem Nasenhelm auf dem schwarz find ich gelungen.
Beim Deutschen mag ich alleine den Titel mit Kingsbridge nicht. Da klingt das englische deutlich besser.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen und bin gespannt auf deine Meinung.
LG, Moni
Hi Moni,
AntwortenLöschenvielen lieben Dank für deinen Kommentar bei mir und auch fürs verlinken. Ich habe deine tolle Rezension natürlich auch bei mir verlinkt. :)
Du bringst es genau auf den Punkt - es ist ein typischer Ken Follett-Roman und das hat mir auch so gut gefallen.
Stimmt, die letzten 20% wirbelt nochmal einiges durcheinander und sind etwas speziell. ich fand es spannend, kann aber auch deinen Eindruck darüber gut nachvollziehen.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!
Nicole
Hey Nicole,
LöschenDanke fürs Verlinken. Ja, typischer als dieser Roman geht es kaum. Vielleicht liegt es daran, dass ich so viele historische Romane lese und man verändert sich eben auch mit der Zeit. Der nächste Ken Follett Roman ist auf jeden Fall wieder gesetzt, denn auch wenn ich ein wenig Kritik hatte, ist es für mich alles in allem ein sehr guter Roman gewesen.
LG, Moni