Samstag, 5. November 2022

Rezension: „Last Night at the Telegraph Club“ von Malinda Lo

Quelle: Dutton Books
„Last Night at the Telegraph Club“ von Malinda Lo erzählt die Geschichte der 17jährigen Lily Hu, die sich in ihrem letzten Highschool-Jahr auf eine Reise zu sich selbst begibt und für ihre Liebe kämpfen muss. Erschienen ist der Roman bei Dutton Books im Januar 2021. Auf deutsch wird dieser Roman bei dtv im April 2023 erscheinen. 

San Francisco, 1954: Für die 17jährige Lily Hu beginnt ihr letztes Schuljahr. Eine Reise zu sich selbst wurde ihr von Miss Weiland versprochen und auf sie trifft das in besonderem Maße zu. Als sie Kath Miller näher kennenlernt, entsteht eine enge Freundschaft und Lily versucht sich aus der Enge Chinatowns zu lösen. Gemeinsam besuchen die beiden Mädchen heimlich den Telegraph Club, eine Bar in der sich Lesben treffen, und tauchen in eine vollkommen neue Welt ein. Fasziniert von den Darbietungen und Gästen stellt Lily fest, dass es mehr als Freundschaft sein könnte, was sie für Kath empfindet. Doch das Amerika der 50er Jahre hat keinen Platz für zwei sich liebende Mädchen, erst recht nicht, wenn eines davon aus Chinatown stammt, in dem noch mal andere Regeln gelten und Fehlverhalten sogar zur Abschiebung aus Amerika führen könnte. 

Coming of Age-Geschichten sind eigentlich nicht meins und dennoch hat mich der Klappentext irgendwie angesprochen. Eine lesbische Liebesgeschichte im Jahr 1954, wo doch die 50er Jahre in unseren Köpfen mit konservativen Rollenbildern verknüpft sind: Der Mann verdient das Geld, die Frau ist brav zu Hause, macht den Haushalt und kümmert sich um die Kinder. In diesem Kontext wirkt eine Bar, in der sich Lesben treffen, geradezu skandalös. Histolicious hat auf Twitter von diesem Buch geschwärmt und da war für mich klar, ich muss dem Buch eine Chance geben und was soll ich sagen, es hat sich in diesem Fall gelohnt. 
Das Buch ist gut geschrieben. Ich konnte mir alle Orte wunderbar vorstellen und die junge Lily und ihre Beobachtungen der Welt haben mir sehr gefallen. Sie beobachtet sehr genau und versucht auch die subtilen Botschaften einer Szene in sich aufzunehmen. 
Die Geschichte wird größtenteils aus Lilys Sicht erzählt und spielt im Jahr 1954. Allerdings gibt es auch Zeitsprünge in die Vergangenheit und kurze Kapitel aus der Sicht ihrer Eltern sowie ihrer Tante, die deren Geschichte ein wenig beleuchten. Zeittafeln vor jedem Abschnitt beleuchten die historischen Gegebenheiten und runden das Bild ab. Mir hat diese Kombination wahnsinnig gut gefallen. Vordergründig ist es die Geschichte von Lily und Kath, durch die Hintergründe lernen wir zusätzlich etwas darüber, warum die Menschen in Lilys Umfeld so reagieren, wie sie reagieren und es gibt einen historischen Einblick in jene Zeit und die damit verbunden Herausforderungen, was im Falle der Familie Hu bedeutet, dass ihnen die Abschiebung droht. 
Gleichzeitig gibt dieses Buch einen Einblick in die lesbische Szene jener Zeit. Lily sticht hier nochmal mehr heraus, weil sie chinesisch-amerikanisch ist. Ich mochte die subtile Art, wie sie ihr Umfeld beobachtet und daraus Erkenntnisse für sich selbst zieht. Ich habe mit ihr mitgefühlt, ich war selber wieder ein wenig 17Jahre alt und in einer Zeit, in der man viele neue Dinge ausprobiert und auch mal etwas Verbotenes macht. Eine Zeit, in der alles irgendwie neu und spannend ist. Mir war durchaus auch vorher klar, dass Repräsentation wichtig ist, aber dieses Buch hat mir das nochmal in einer besonderen Deutlichkeit vor Augen geführt. Das betrifft nicht nur ihr lesbisch sein, sondern auch Rassismus und Mikroagressionen im Alltag. 
Lily und Kath zusammen habe ich geliebt. Ihre Art miteinander umzugehen und sich an ihre Gefühle ranzutasten. Die Freundschaft, die bei den beiden entsteht. Die beiden haben wirklich sehr schöne Szenen miteinander und ich liebe es, dass dieses Buch den beiden, diesen Raum gegeben hat. Ich bin an sich kein Fan von Liebesgeschichten. Ab und zu kann ich das haben, aber danach habe ich meist für längere Zeit wieder genug, weil es mir oftmals zu viel Drama ist. Diese Liebesgeschichte hier empfand ich komplett anders. Es gibt auch Drama, aber eben erst zum Schluss und ich hatte viel Zeit einfach nur die Interaktionen der beiden zu genießen. 
In Sachen Repräsentation habe ich das Gefühl, dass dies hier ein wirklich sehr schönes Buch ist. Es ist ein Own Voice-Roman. Die Autorin ist lesbisch und chinesisch amerikanisch. In einem ausführlichen Nachwort, legt sie nochmal die historischen Gegebenheiten dar und warum sie sich für bestimmte Dinge entschieden hat, was mir sehr gut gefallen hat und was einiges für mich nachvollziehbarer gemacht hat. Dieser Roman ist wirklich sehr gut recherchiert und hat die Themen dieser Zeit wunderbar eingefangen. Es geht um die lesbische Szene, die chinesisch-amerikanische Gesellschaft und die Angst vorm Kommunismus in Amerika in jener Zeit. Ich würde gerne noch viel mehr schreiben, weil mir dieses Buch einfach so viel gegeben hat, aber ich denke, dass würde dann zu viel von der Geschichte vorweg nehmen. 

Fazit: Ein absolutes Highlight für mich und eine ganz große Empfehlung von mir, dieses Buch zu lesen. Ich habe diese Geschichte von Anfang bis Ende genossen, ich habe Lily und Kath geliebt und ich mochte die besondere Mischung aus Coming of Age-Geschichte und Historie, die mir das Amerika der 50er Jahre und seine lesbische Szene sowie die historischen Herausforderungen näher gebracht haben.
 

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Titel: Last Night at the Telegraph Club
Verlag: Dutton Books
Autor*in: Malinda Lo
Erscheinungsdatum: 19.01.2021
ISBN: 9780525555261

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