Samstag, 4. November 2023

Rezension: „Das Pensionat am Holstentor: Frühlingstöchter“ von Anna Perbandt

"Das PEnsionat am Holstentor: Frühlingstöchter" von Anna Perbandt
Quelle: Rowohlt
„Das Pensionat am Holstentor - Frühlingstöchter“ von Anna Perbandt ist der Auftaktband zu einer Dilogie rund um ein Pensionat in der Lübecker Altstadt. Erschienen ist der Roman bei Rowohlt im Juni 2023. 

Lübeck, 1899: Der junge Graf von Jagow schickt seine jüngere Schwester Nora in ein Pensionat in Lübeck, in dem sie lernen soll, sich den Konventionen ihres Standes entsprechend zu verhalten. Lange wurde ihre Erziehung schleifen gelassen und so ist die junge Nora ein echter Wirbelwind, die ihre Gedanken offen äußert und sich zudem noch in den Stallburschen Karl verliebt hat. Zuerst wehrt sie sich gegen den Umzug in das Pensionat, doch dann schließt sie schnell Freundschaft mit den Mädchen aus ihrer Klasse. 
Gesche Petersen ist eine junge Frau, die gerade ihre Ausbildung beendet hat und auf der Suche nach einer Anstellung als Lehrerin ist. Diese findet sie im Pensionat am Holstentor, dass sich den alten Traditionen verpflichtet fühlt. Mit ihren modernen Ansicht eckt sie dort immer wieder an, doch sie kann sich der Unterstützung des Grafen von Jagow sicher sein, der sich auf unerklärliche Weise zu ihr hingezogen fühlt. 

Ich wusste schon länger, dass ich bei der historischen Lesenacht Ende September sein werde und ich wollte vorher auf jeden Fall noch ein Buch der Autor*innen lesen, die dort sein werden. Darüber hinaus wohne ich in der nähe Lübecks und freue mich immer sehr, wenn ein Roman dort spielt. Die Straßen dort existieren mittlerweile seit mehreren Jahrhunderten. 
Der Roman liest sich locker flockig und man kommt schnell voran. Bei Lübeck habe ich auch ohne große Beschreibungen immer ein lebhaftes Kopfkino. Die Erwähnung der Kirchtürme und bestimmter Straßen reicht hier schon aus. Manchmal fand ich die Beschreibungen der Entfernungen etwas komisch. Muss im Nachhinein allerdings sagen, dass das passt. Autos, die die Welt deutlich kleiner gemacht haben, waren zwar schon erfunden, aber noch nicht alltäglich. 
Der Roman fügt sich geschmeidig in das Familiensaga-Genre mit all seinen Klischees ein. Es gibt hier Frauen, die in Ohnmacht fallen. Es gibt Frauen, die vermeintlich stark sein sollen und dann doch auf Männer als Fürsprecher angewiesen sind. Es gibt die typischen Liebesgeschichten über Standesgrenzen hinweg, die vermeintlich romantisch sein sollen. Teilweise war es doch sehr durchschaubar, wie hier Situationen geschaffen wurden, in denen sich Paare näher kommen sollten. Das Buch hat mich unfreiwillig an so mancher Stelle zum Lachen gebracht. Einmal hat es aber auch tatsächlich geschafft, dass ich überrascht war. 
Dieses Buch wollte auch die Geschichte von vier Mädchen sein, die gemeinsam ein Pensionat besuchen und die eine besondere Freundschaft verbindet. Anfangs hat sich das Buch noch darum bemüht, auch etwas vom Schulalltag zu zeigen, das rückt mit Fortschreiten der Geschichte allerdings immer mehr in den Hintergrund. Das Thema der Schulreform und der schwindenden Bedeutung der Pensionate wird schnell verdrängt. Darüber hätte ich an sich gerne mehr erfahren. 
Nora und ihre drei Freundinnen Fanny, Agnes und Lotte konnten mich für sich einnehmen. Sie waren ganz süß als Quartett und jede hatte ihren eigenen Charakter und hat so zur Geschichte beigetragen. Gesche Petersen als Lehrerin fand ich nett und ich fand es schön, dass die Mädchen so ein Vertrauen zu ihr hatten. Sie wird als moderne, selbstbewusste Frau inszeniert, dafür hat sie sich an so mancher Stelle für meinen Geschmack etwas zu schnell einwickeln lassen. Den jungen Grafen Henry von Jagow fand ich teilweise widersprüchlich. Für ihn galten oft nicht die gleichen Maßstäbe, die er an seine eigene Schwester anlegt und teilweise war er mir etwas zu schwer von Begriff. Insgesamt fand ich ihn dennoch in Ordnung. Dorothee Eggers nimmt die Rolle der strengen Pensionatsleiterin ein, die sehr den alten Traditionen verhaftet ist. Ähnlich wie der alte Graf von Jagow, der allerdings noch viel unsympathischer als die Pensionalsleiterin rüberkommt. 
Ein Nachwort oder Personenverzeichnis gibt es nicht. Es ist allerdings auch eher eine Familiensaga vor historischem Hintergrund als das hier wichtige historische Ereignisse aufgegriffen werden. Die ein oder andere Zusatzinfo hätte mich vielleicht dennoch interessiert. Könnte mir vorstellen, dass es vielleicht am Ende von Band 2 ein Nachwort geben wird. 

Fazit: Eine nette Familiensaga für zwischendurch, die die üblichen Genrekonventionen erfüllt. Das ist jetzt eher persönlicher Geschmack, dass mich dieses Buch nicht wirklich begeistern konnte. Wer einen Wohlfühlroman mit Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund sucht, der ist bei dieser Reihe genau richtig.
 

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Titel: Das Pensionat am Holstentor: Frühlingstöchter
Verlag: Rowohlt Taschenbuch
Autor*in: Anna Perbandt
Reihe: Das Pensionat am Holstentor #1
Erscheinungsdatum: 13.06.2023
ISBN: 978-3-499-01121-4

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