Samstag, 22. Januar 2022

Rezension: „Die Mission des Kreuzritters“ von Ulf Schiewe

Quelle: Lübbe
In „Die Mission des Kreuzritters“ entführt uns Ulf Schiewe ins 12. Jahrhundert und lässt uns an einer fiktiven Geiselnahme Melisendes teilhaben. Erschienen ist der Roman im November 2021 bei Bastei Lübbe. 

Jerusalem, 1129: Melisende ist die älteste Tochter des Königs von Jerusalem. Da König Balduin nur Töchter hat, hat er sie zu seiner Thronerbin bestimmt. Dennoch braucht sie einen starken Gemahl, der das Land regieren und auf Kriegszügen verteidigen kann. Foulques d’Anjou wird hierzu auserwählt. Melisende kann nicht viel mit ihm anfangen und beschließt der Ehe durch eine Flucht zu entgehen. Auf dem Weg zu ihrer Schwester in Antiochia wird sie jedoch gefangen genommen. Raol de Montalban, ein erfahrener Krieger und Tempelritter, wird ausgeschickt, um sie zurückzuholen. 

Die Aufmachung dieses historischen Romanes gefällt mir sehr. Das Cover wirkt nicht zu kitschig, das rote große Kreuz macht bereits deutlich, dass es sich hier wohl um einen Roman handelt, in dem Tempelritter vorkommen. Wir sehen eine Burg im Hintergrund und zwei Personen auf Pferden. Diese wirken tatsächlich etwas komisch auf mich, aber da diese nicht so im Vordergrund sind, ist ein ignorieren gut möglich. Insgesamt hat Lübbe hier einen guten Job gemacht. Es gibt tolle Buchklappen, eine Karte der Kreuzfahrerstaaten und der fiktiven Reise Melisendes. Der Buchrücken hält einiges aus und hat trotz weiten aufklappen des Buches keine Leserillen bekommen. 
Ulf Schiewe bleibt seiner Linie treu und nutzt das Präsens als Zeitform. Ich komme gut mit dem Schreibstil zurecht, aber diesmal empfand ich das Präsens nicht ganz so passend für die Geschichte. Die örtlichen Begebenheiten konnte ich mir dennoch jederzeit gut vorstellen und war fasziniert von der Vielfältigkeit Jerusalems, einer Stadt in der Juden, Christen und Muslime friedlich zusammenleben. 
Auch typisch für den Autor ist es, viele Informationen in den Text einzubauen. Insgesamt fand ich es interessant viel über die Eroberung des Heiligen Landes und die schwierige politische Lage zu erfahren, so manches Mal schweifte es allerdings auch zu sehr von der Hauptgeschichte ab. Der Autor war darum bemüht, weder Christen noch Muslime in ein allzu gutes Licht zu rücken. Das fand ich einerseits gut, weil so für keine Religion Partei ergriffen wurde, ohne typische Klischees kommt er dabei allerdings nicht aus. Einige Szenen in diesem Buch haben mich echt abgestoßen und hätten nicht sein müssen. 
Ulf Schiewe nimmt sich Zeit um seine Geschichte in Gang kommen zu lassen. Im ersten Viertel erfahren wir viel über Jerusalem, König Balduin, seine Töchter, den unliebsamen Bräutigam und die Vorbereitungen für die Flucht. Im restlichen Buch geht es dann um die Entführung und die Erlebnisse auf der Reise zurück nach Jerusalem. Im letzten Viertel hätte einiges gekürzt werden können. Es gab da eine Entwicklung, die meiner Meinung nach nicht hätte sein müssen und die ich absolut unnötig fand. Mir hat sich das wieso und warum nicht erschlossen und ich fand die Erklärung für diese Entwicklung eher fadenscheinig. 
Das Buch wird aus Melisendes und Raol de Montalbans Sicht erzählt. Mit beiden bin ich nicht so wirklich warm geworden, aber Melisende fand ich zwischendrin einfach nur dumm. Das kann man auch schon nicht mehr als jung und naiv abtun. Zu dem Zeitpunkt der Geschichte wurde sie bereits seit Jahren von ihrem Vater in Regierungsgeschäften ausgebildet, dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass sie sich so benehmen würde. Hier setzt Ulf Schiewe für mich leider zu viel auf Klischees. Melisende hat für mich in diesem Buch nichts von einer starken Frau, auch wenn sie später auf der Flucht viel durchstehen muss und das mit Hilfe Raol de Montalbans gut meistert. Ihre ganze Art ging mir teilweise so auf die Nerven. Sie mag geradeheraus ihre Meinung sagen, sie hat aber kein Gefühl dafür, wann das angebracht ist und wann nicht, sie gibt sich zickig ohne Ende und im nächsten Augenblick ist sie kurz vorm Heulen. Sie möchte ernst genommen und respektiert werden, hat aber keine Durchsetzungskraft und ist so begriffsstutzig, dass es schon weh tut. 
Zu Raol de Montalban kann ich ehrlich gesagt nicht so viel sagen. Er ist ein Kreuzritter, hat viel durchleben müssen, gibt sich nach außen hin unnahbar, ist vorausschauend und geht bei der Flucht gemeinsam mit Melisende klug vor. Das hat mir durchaus gefallen, andererseits glaube ich, dass er mir nicht wirklich lange im Gedächtnis bleiben wird. 
Am Ende des Buches gibt es noch ein kurzes Nachwort des Autors, dass Aufschluss darüber gibt, dass es nie eine Entführung Melisendes gab und es sich bei diesem Roman also zum größten Teil um eine fiktive Geschichte handelt. Das eh vieles bei so einer Entführung fiktiv gewesen wäre, geschenkt, aber der Autor schreibt selbst, dass es so viele echte spannende Begebenheiten zwischen dem ersten und zweiten Kreuzzug gab, hätte man nicht davon eine nehmen können und darum eine spannende Geschichte weben können? Mir persönlich hätte das besser gefallen. Historische Informationen wurden in diesem Roman fast ausschließlich als Infodump eingebracht. 

Fazit: Ein solider historischer Roman, der sich gut lesen lässt, aber auch einige Entwicklungen hatte, die mir gar nicht gefallen haben. Melisende konnte mich überhaupt nicht für sich einnehmen und hat mich zeitweise sehr genervt. Wichtig zu wissen, Melisende gab es wirklich, die Geschichte in diesem Roman ist allerdings fiktiv. Wen das nicht stört, den sei dieser Roman ans Herz gelegt.

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Titel: Die Mission des Kreuzritters
Verlag: Lübbe
Autor: Ulf Schiewe
Erscheinungsdatum: 26.11.2021
ISBN: 978-3-7857-2759-1 
 
Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

2 Kommentare:

  1. Liebe Moni,
    so interessant wie wir alle den Roman bewerten! Sabine (Buchmomente) hat 5 Sterne vergeben, ich vier und du drei...witzig!
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Hey Martina,

      Das stimmt. Ich finde das auch immer wieder faszinierend. Es gibt so viele Dinge, die da rein spielen. Wie viele Bücher in die selbe Richtung hat man schon gelesen, allgemein die eigenen Erfahrungen, die Themen, die einen gerade beschäftigen, die Erwartungshaltung, die an das Buch gestellt werden. Es gibt sicher auch Leute, die das objektiv bewerten, aber das würde ich für mich nicht beanspruchen. Meine Rezension spiegeln meinen Geschmack wieder. Nicht mehr und nicht weniger und jemand der meine Rezensionen liest, empfindet das entweder ähnlich oder eben nicht oder jemand, der mir länger folgt, kann rauslesen, ob ein Buch etwas für diese Person sein könnte oder eben auch nicht.

      LG, Moni

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